AST „International“: 21km durch Südenglische Landschaften

Lange Gerade durchs Neubaugebiet, noch 400m, links um die Kurve, überraschender letzter Anstieg, links ins Ziel, Sprint… und die Uhr bleibt bei “:01” stehen. “I think that just got away!” verkündet der Lautsprecher. In der Tat, knapp daneben ist auch vorbei. Seit Ende letzten Jahres bin ich, Sebastian Hönig,  Mitglied in der Abteilung Laufen beim AST: Alt-Eislinger, neu-M45er, um die Welt gereist und jetzt in Southampton an der Südküste Englands zuhause. Seit 5 Jahren laufe ich recht intensiv, hauptsächlich für meinen englischen Verein, aber in diesem Jahr nun auch für den AST Süßen in der Vorbereitung auf die Deutschen Seniorenmeisterschaften — zuerst DM Halbmarathon Ende März in Freiburg, dann über die 10km im September. AST International eben.

Vier Wochen vor Freiburg stand ein harter Testwettkampf im Trainingsprogramm: Wokingham Halbmarathon. Das regionale Rennen im westlichen Londoner Speckgürtel hat Tradition und zieht jedes Jahr ein starkes Teilnehmerfeld aus London und der Süd- und Südostküste an. Die Strecke ist wellig mit 100m Höhengewinn verteilt auf unzählige Rampen. Doch lange Geraden und selbst im vorderen Feld noch viele Teilnehmer, mit denen man eine Gruppe bilden kann, sorgen jedes Jahr für eine Menge Bestzeiten. Dieses Jahr mischte sich auch der zumindest in England bekannte Youtube-Läufer Ben Parkes unter die Starter und dokumentierte sein Vorbereitungsrennen auf den London-Marathon mit seiner Go-Pro. (Seville Marathon – what happened?? plus Wokingham Half with the GoPro and weekly recap! – YouTube) Die Bedingungen zum Start waren nicht untypisch für einen Februarmorgen in England (im Ernst…): 4 Grad, sonnig und leichter Wind (20 km/h). Gleich nach dem Start wartete eine scharfe Linkskurve und ca. 1,5 km Anstieg. Danach ging es durch das Stadtzentrum und nach 3 km dann über Landstraßen in die typische Englische “Countryside” — Rosamunde Pilcher lässt grüßen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste man sich eine passende Gruppe gesucht haben, denn die folgenden 7 km bliess der Wind frontal ins Gesicht. Mit drei anderen Läufern zwischen zwei größeren Gruppen konnten wir uns regelmäßig abwechseln, so dass das Auf und Ab gegen den Wind erträglich war. 10km passierten wir in 33:14, im Plan für die anvisierte Zeit von knapp unter 1:11, denn die Rampen und langgezogenen Anstiege warteten erst auf der zweite Hälfte der Strecke. Nach 12,5 km schienen meine drei Mitkämpfer etwas an Dampf zu verlieren, so dass ich mich an die Spitze setzte, um das Tempo hochzuhalten. Doch beim Versuch an der Wasserstelle kurz vor 14 km ein wenig Flüssigkeit aufzunehmen, verschluckte ich mich dermaßen, dass ich mehr als 2 km brauchte, um wieder vernünftig atmen zu können und meinen Schritt wieder zu finden — schnelles Umschalten von “Tempo machen” zu “kämpfen um dranzubleiben.” Ab km 16 begann der Rückweg: 3,5 km langgezogener Anstieg mit Rampen, dann 1,5 km flach ins Ziel plus eingangs erwähnter Überraschung. Genau zu dieser Zeit flog unsere Vierergruppe auseinander und jeder kämpfte mit etwa 50m Abstand zum Vorder-/Hintermann um den nächsten Schritt. Wir alle hatten die gleiche Zeit anvisiert, aber die Kräfte waren nicht mehr gleich verteilt. Ich merkte, dass ich recht gut über die Rampen kam und beim 20 km Durchgang war klar, dass es knapp werden wird.

Trotz 3:15min auf dem letzten Kilometer fehlten am Ende zwei Sekunden. Die 1:11:01 sind trotzdem neue PB und geben Vertrauen für Freiburg. Mit dieser Zeit landete ich übrigens auf Platz 24. England ist schnell.

Bericht: Sebastian Hönig

Foto: University of Southampton